Milan + Karthik: Als Ingenieure aus Indien ins Traumland Deutschland
Michael Fischbauer ist Leiter der Elektroabteilung bei Ilim Timber in Landsberg. Er ist dafür verantwortlich, dass die Produktionsmaschinen in dem holzverarbeitenden Betrieb rund um die Uhr laufen. Die meterlangen Fertigungsanlagen verarbeiten Holzstämme zu Brettern – und das 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche.
Zur Elektroabteilung gehören neben Michael Fischbauer und drei Auszubildenden noch weitere zehn Mitarbeiter, die im Schichtbetrieb für funktionierende Maschinen sorgen. Sie überwachen die elektrischen Anlagen, damit sie störungsfrei laufen. Kommt es zum Ausfall einer Maschine, ist es die Aufgabe der Spezialisten, sie schnell zu reparieren, damit die Ausfallzeit kurz bleibt.
Harter Wettbewerb um Fachkräfte in Industrieregionen
Ilim Timber Bavaria hat den Sitz in Landsberg, das ist westlich von München im Allgäu in einer industriereichen Region. „Die Arbeitslosenquote liegt bei 2,5 Prozent“, erklärt Michael Fischbauer, „der Wettbewerb um Arbeitskräfte ist entsprechend hart. Ich habe vier Jahre lang keine Bewerbung auf eine Stelle in meinem Team erhalten, dabei zahlen wir nicht schlecht.“
Und doch hat es Michael Fischbauer geschafft, alle Planstellen in seinem Team zu besetzen. Wie ist ihm das gelungen? Seit Anfang 2022 gehören Milankumar Gondaliya und Karthikeyan Khottan Nagarajan, von allen kurz Milan und Karthik genannt, zur Elektroabteilung.
Die Serie „Wir sind Chancengeber“ zeigt ganz persönliche Geschichten von Menschen in der modernen Arbeitswelt. Durch ihre berufliche Tätigkeit bei Personaldienstleistungsunternehmen erleben sie soziale Teilhabe, Integration, Wertschätzung und berufliche Perspektive.
Dafür haben sie ihr Heimatland Indien verlassen und sind für die Festanstellung bei Ilim Timber nach Deutschland übergesiedelt. „Für Elektroingenieure ist Deutschland ein Traumland“, antworten Milan und Karthik einstimmig. Das Angebot von Ilim Timber war für sie wie ein Sechser im Lotto. „Auf diese Chance haben wir gewartet.“
Doch bevor die beiden in Landsberg ihren beruflichen Traum verwirklichen konnten, brauchten sie Geduld. Von der mündlichen Zusage per Videocall bis zum ersten Arbeitstag in Landsberg vergingen zwei Jahre. Die Coronapandemie hat die sowieso schon sehr zeitraubenden Visa-Prozesse unglaublich in die Länge gezogen. Normalerweise benötigen die Behörden ungefähr ein halbes Jahr, bis sie die Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung erteilen. Milan und Karthik haben trotz der langen Wartezeit an ihrem Vorhaben festgehalten. „Es war unser Wunsch nach Deutschland zu gehen und daran haben wir nie gezweifelt“, versichert Milan.
Role Model: Erfolgreiche Integration von Ingenieuren aus Indien
An ihre ersten Tage in Landsberg können sie sich noch gut erinnern, denn nach der Landung in München mussten sie erst einmal für zwei Wochen ins Quarantäne-Hotel. „Es fiel uns sofort auf, wie still es hier ist und wie sauber die Luft ist.“ Inzwischen sind anderthalb Jahre vergangen, die beiden sind voll integriert ins Team, fachlich etabliert und spielen im beruflichen Alltag der Elektroabteilung eine feste Rolle. Michael Fischbauers Pläne sind aufgegangen: „Ich habe ganz bewusst nach Mitarbeitern aus dem nicht-europäischen Ausland gesucht: Es sollten Spezialisten sein, die nicht nur fachlich kompetent und berufserfahren sind, sondern mit dem Umzug nach Deutschland einen höheren Lebensstandard erfahren.“ Und er suchte Kollegen, die in ihrer Tätigkeit bei Ilim Timber eine berufliche Langzeitperspektive sehen.
Milan und Karthik möchten nicht mehr weg aus Deutschland. Inzwischen sind auch ihre Familien zu ihnen gezogen. Dank der Unterstützung ihrer Kollegen haben sie Wohnungen gefunden und sich erfolgreich in den Alltag eingelebt. Auch Deutsch sprechen sie inzwischen sehr gut.
Zeitarbeit übernimmt die Rolle des Rekrutierungspartners
Die Festanstellung der beiden indischen Fachkräfte ist mit Unterstützung von Jochen Hermann von der DEKRA Arbeit zustande gekommen. Der Spezialist für Cross-Market Recruitment hat im Auftrag der Werksleitung von Ilim Timber in Indien gezielt nach Fachkräften gesucht. Er kontaktierte einen Kooperationspartner, ein international tätiges Arbeitsvermittlungsunternehmen, das erfolgreich indische Fachkräfte weltweit vermittelt. Bei dieser Agentur standen auch Milan und Karthik unter Vertrag.
Schnell sind vier Kandidaten gefunden, die ins Profil passen. Nach dem ersten Interview via Videocall sind drei in der engeren Auswahl. Für die zweite Interviewrunde hat Michael Fischbauer einen Onlinetest vorbereitet. Die Ingenieure müssen einen Fehler in einer SPS-Programmierung finden und ihn korrigieren. Milan und Karthik schaffen die Prüfung mit Bravour in Bestzeiten. Zu diesem Zeitpunkt sind sie als Ingenieure in der indischen Stahlindustrie tätig und blicken auf eine sechsjährige Berufserfahrung zurück.
Chance für Industrie und Wirtschaft: Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland
„Zeitarbeitsunternehmen werden zunehmend als Rekrutierungspartner eingesetzt“, erklärt Jochen Hermann, „der deutschlandweite Arbeits- und Fachkräftemangel zwingt sowohl uns als auch die Kundenunternehmen, kreative Wege zu gehen. Jeder Bedarf muss allerdings einzeln betrachtet werden und verlangt eigene Wege. Daran wird das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz nichts ändern.“
Das Beispiel von Milan und Karthik zeigt, welches Potential Zeitarbeitsunternehmen haben, um Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Bisher dürfen Personaldienstleister jedoch nur Zeitarbeitnehmer aus EU-Ländern einstellen. Auch im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist dies weiterhin so vorgesehen. Dabei sind Personaldienstleister und Zeitarbeitsunternehmen Spezialisten in der Rekrutierung von Personal, sie haben meist jahrelange Erfahrung in der Vermittlung von Fachkräften aus dem Ausland und kennen zudem die Anforderungen der Industrie auf Jobprofile sehr genau. Dies alles macht sie zu einem wichtigen Partner bei der Bewältigung des Arbeits- und Fachkräftemangels.