Zeitarbeit als Erfolgsfaktor: So sichert Söhngen Qualität und Flexibilität in der Medizintechnik

Natalia Shutova, Personalchefin der Söhngen GmbH

Natalia Shutova, Personalchefin der Söhngen GmbH

Für Natalia Shutova, Personalchefin des Medizinprodukteherstellers Söhngen GmbH, ist Zeitarbeit kein Notnagel, sondern ein strategisches Instrument – insbesondere zur Rekrutierung. In der Produktion unter Reinraumbedingungen stellt der Einsatz externer Kräfte jedoch besondere Anforderungen: Kurzfristige Lösungen erfordern deutlich mehr Aufwand als in anderen Branchen. Umso wichtiger sind vorausschauende Planung und verlässliche Partnerschaften mit regionalen Dienstleistern. Natalia Shutova fordert zudem weniger Bürokratie bei der Rekrutierung internationaler Fachkräfte – damit Zeitarbeit ihr Potenzial künftig noch besser entfalten kann.

 

Söhngen ist ein Unternehmen, in dem viele Produkte unter Reinraumbedingungen entstehen. Wie gelingt der Spagat zwischen Qualitätsanspruch und kurzfristigem Personalbedarf?

Wir arbeiten mit mehreren Dienstleistern aus der Region – aus dem Raum Wiesbaden, Bad Schwalbach, Mainz. Über die Jahre haben sich daraus belastbare Partnerschaften entwickelt. Bei Bedarf kontaktieren wir parallel mehrere Anbieter. Entscheidend ist eine Mischung aus Geschwindigkeit, Qualität und Preis. Besonders wichtig ist uns die Verlässlichkeit. Wir müssen darauf zählen können, dass angeforderte Mitarbeitende in spätestens einer Woche zur Verfügung stehen.

Ist Zeitarbeit bei Ihnen auch ein Rekrutierungsweg für Festanstellungen?

Absolut. In den letzten Jahren haben wir einige Kolleginnen und Kollegen, die zunächst über Zeitarbeit bei uns begonnen haben, fest übernommen. Das Modell bietet für uns eine gute Möglichkeit zu prüfen: Passt es fachlich und zwischenmenschlich? Wenn ja, kann daraus ein langfristiges Arbeitsverhältnis werden.

Wie gehen Sie mit dem Thema internationale Rekrutierung um – etwa aus dem EU-Ausland oder darüber hinaus?

Bislang haben wir über unsere Dienstleister keine Mitarbeitenden aus dem Ausland eingesetzt. Der Grund ist einfach: Der Aufwand ist enorm, gerade bei außereuropäischen Fachkräften. Anerkennung von Abschlüssen, Visaverfahren, Sprachbarrieren – das ist für uns als mittelständisches Unternehmen nur schwer zu stemmen. Dabei wäre es sinnvoll, über Zeitarbeit den Zugang zu diesen Talenten zu erleichtern. Die Dienstleister könnten hier als Brücke dienen.

Was müsste sich Ihrer Meinung nach politisch ändern, um das Thema internationale Fachkräfte praktikabler zu machen?

Wir brauchen dringend mehr Tempo und weniger Bürokratie. Die Verfahren zur Anerkennung und Arbeitserlaubnis sind viel zu komplex. Gerade für kleinere Betriebe ist das ein echter Hemmschuh. Zeitarbeit könnte hier helfen, eine erste Beschäftigung zu ermöglichen und zu testen, ob es fachlich und kulturell passt – bevor ein Unternehmen eine dauerhafte Entscheidung trifft.

Wie nutzen Sie Zeitarbeit aktuell bei Söhngen?

Zeitarbeit ist für uns kein Standardmodell, sondern ein gezieltes Instrument für besondere Situationen – etwa bei kurzfristigen Ausfällen, Grippewellen, Urlaub oder plötzlich steigenden Auftragsspitzen. Grundsätzlich gilt bei uns: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Wir planen langfristig mit festem Personal, aber ganz ohne flexible Unterstützung geht es in der Praxis nicht.

Welche Rolle spielt die Zeitarbeit in Ihrem strategischen Personalmanagement?

Wir setzen auf gute Planung, aber wir wissen auch: Unerwartete Entwicklungen lassen sich nie ganz vermeiden. Zeitarbeit gibt uns die nötige Flexibilität, um handlungsfähig zu bleiben – ohne die Qualität oder Verlässlichkeit zu gefährden. Und sie ermöglicht uns, bei passenden Profilen auch langfristige Lösungen zu finden.

In welchen Bereichen setzen Sie Zeitarbeit konkret ein?

Fast ausschließlich in der Produktion – und hier vor allem für vorbereitende, unterstützende Tätigkeiten wie Verpackung, Kommissionierung oder Konfektionierung. Unsere Produkte entstehen unter Reinraumbedingungen, daher braucht es Schulungen und Qualitätsbewusstsein. Auch Zeitarbeitskräfte müssen diese Anforderungen erfüllen, was gute Einarbeitung und enge Abstimmung mit den Dienstleistern voraussetzt.

Wohin entwickelt sich die Zeitarbeit – und was erwarten Sie von den Dienstleistern?

Die Zeitarbeit wird sich verändern. Unternehmen planen heute vorausschauender, der kurzfristige Bedarf wie während der Pandemie wird seltener. Stattdessen werden strategische, nachhaltige Lösungen wichtiger. Genau hier kommt es auf die Zeitarbeitsfirmen an: Sie sollten nicht nur reagieren, sondern mitdenken – passende Profile anbieten, Qualifizierungsmaßnahmen einbinden und auch internationale Rekrutierungswege aktiv mitgestalten. Wenn das gelingt, bleibt Zeitarbeit ein verlässlicher Partner – auch und gerade für den Mittelstand.